Badui
oder eine Reise in eine vergangene Welt
Mitten in Westjava liegt das Land der Badui, abgeschnitten von der Außenwelt, weit weg von der quirligen, modernen Metropole Jakarta, eine Oase der Ruhe und Beschaulichkeit.
Eigentlich ist es gar nicht so weit von Jakarta entfernt, nur ca. 120 km und trotzdem liegen Welten zwischen dem geheimnisumwitterten Volk der Badui und der Hauptstadt Indonesiens. Mit zwei Autos, einem Allradfahrzeug und einem Terrano, machen wir uns auf den Weg und nach rund vier Stunden Fahrt über Balaraja und Rangkasbitung, wobei das letzte Stück eigentlich nur für Geländefahrzeuge zugängig ist, und wir uns schon ernsthaft überlegen, wie wir von hier wohl jemals mit dem Terrano wieder wegkommen sollen, erreichen wir Nanggerang, die Grenze des Baduilandes. Nach dem ausgiebigen, mitgebrachten Picknick machen wir uns gestärkt auf den Weg ins unbekannte Land. Zum Glück warten bereits Träger auf uns, worüber Elke Althöfer-Blautzik, unsere Männer und ich nicht unglücklich sind. Schließlich tragen wir unsere Schlafsäcke, Wasser und eine Notration an Verpflegung für eine Nacht mit uns. Nach einer etwa 30-minütigen Wanderung über einen Trampelpfad erreichen wir die ersten Dörfer der äußeren Badui.
Das Volk der Badui unterscheidet sich in innere und äußere Badui, wobei die Aufgabe der äußeren Badui darin besteht, die inneren Badui zu schützen. Die Geschichte der Badui reicht weit bis ins megalithische Zeitalter von Java zurück. Mit dem Vormarsch des Islams zog sich das Volk immer mehr in die unzugänglichen Berge zurück, und seit dem blieb die Zeit für das protomalaiische, sundanesische Volk stehen. Die Menschen leben ohne Strom und moderne Technik nach einem strikten Tabu-System, wobei die Tabus für die äußeren Badui schon weitgehend gelockert worden. Den inneren Badui ist es untersagt, irgendwelche Transportmittel zu benutzen. Macht sich, was nur sehr selten geschieht, eine Delegation auf nach Jakarta, so legen sie den Weg innerhalb von vier Tagen über Bogor zu Fuß zurück. Für uns ist dies fast unvorstellbar.
Im Badui Dorf angekommen, beziehen wir Quartier bei unserem Gastgeber Sarmin und seiner Frau Salmah. Strohmatten auf dem Bambusboden bilden unser Lager für die Nacht. Die Menschen im Dorf sind schwarz gekleidet und die Männer tragen blaue Batikkopfbedeckungen. Die fast unheimliche Stille wird nur von uns und den Kindern der Badui unterbrochen. Ansonsten halten sich die Bewohner ganz zurück. Fotografieren ist äußerst schwierig, da die Menschen sehr scheu sind. Selbst die Kinder betrachten uns nur aus der Ferne und weit und breit ist kein „Hello Mister“ zu hören. Die Bewohner gehen alle barfuß, da Schuhe nicht erlaubt sind. Die Häuser aus Bambus sehen recht idyllisch aus, aber bei genauerem Betrachten, erkennt man, dass sie keine Fenster besitzen. Ein weiteres Verbot im Lande der Baduis. Aber nicht nur Fenster sind verboten, sondern Glaswaren jeder Art. Getrunken wird aus Bambusröhren und gegessen aus Bambusschalen, einzige Ausnahme sind chinesische Porzellanschälchen, wohl noch ein Relikt aus einer Zeit, als Banten noch lebhaft Handel mit China betrieb. Die Menschen leben eng mit der Natur verbunden und alle Errungenschaften der modernen Zeit werden abgelehnt. So leben die Menschen wie seit Jahrhunderten, fernab von Stress und Zeitdruck. Allerdings leben die Baduis nicht sehr gesund. Inzucht, einseitige Ernährung und die Ablehnung moderner Medikamente und Behandlungsmethoden führen zu Krankheiten und frühem Tod.
Nachmittags besichtigen wir noch das Dorf und gehen bis an die Grenze der inneren Baduis. Eine Bambusbrücke führt über einen Fluss und bildet die Grenze. Am Abend sitzen wir im Haus unseres Gastgebers um die Feuerstelle auf dem Boden bei einem, nach den Vorstellungen der Baduis, üppigen Mahl. Unser Führer Pak Katamsi erzählt aus ihrem Leben und übersetzt unsere Fragen in die Sprache der Baduis, da die Menschen hier fast kein indonesisch sprechen. Die Baduis können weder Lesen noch Schreiben, da ihnen ein Schulbesuch verwehrt bleibt. Bildung lenkt von den wesentlichen Dingen im Leben eines Baduis, von der Ausübung ihrer religiösen Pflichten, nur ab. Die Baduis glauben, dass Gott in ihrem Land lebte, als er die Welt erschuf. Damit ist das Baduiland für sie das Zentrum der Welt und ihre Aufgabe ist es, das Land zu behüten. Dies akzeptiert sogar die indonesische Regierung und gewährt den Baduis weitgehende Autonomie. Staatsmänner wie Sukarno und inzwischen seine Tochter Megawati, kommen hierher öfters zu Besuch, um in der Ruhe und Beschaulichkeit, neue Energie zu tanken.
Am nächsten Morgen, nach einer Nacht auf hartem Boden und einer Dusche im Fluss, machen wir einen letzten Rundgang durchs Dorf. In unserer Gruppe reiste noch eine indonesische Mutter mit ihrem Sohn mit. Die beiden konnten am Morgen den inneren Baduis noch einen Besuch abstatten, was uns Ausländern verwehrt blieb. Gereizt hätte es uns auch, aber hier muss man die Sitten und Gebräuche unserer Gastgeber respektieren, und es gibt nur sehr wenige Ausländer, denen Zutritt zu den inneren Baduis gewährt wurde.
Beim Auto angekommen, machen wir uns auf den Weg in Richtung Labuan und wie am Vortag bereits vermutet, bleiben wir mit dem Auto stecken. Ohne Vierradantrieb haben wir keine
Chance, den Berg über den matschigen Feldweg zu erklimmen. Anschieben, auch mit vielen Helfern, funktioniert nicht, aber vielleicht könnte man mit einem Seil abschleppen. Aber woher bekommt man mitten im Nirgendwo ein Abschleppseil her. Zum Glück sind wir aber in Indonesien und plötzlich kommt jemand mit einem Seil an. Nach einigen Anläufen bewegt sich das Auto endlich etwas vorwärts, und mit Vollgas voraus schafft es der Fahrer des Jeepes, das Auto nach oben zu ziehen. Gott sei Dank, aber wir hatten ja schließlich Abenteuerurlaub gebucht. Nach einigen Stunden erreichten wir über Labuan, Anyer, wo wir im Mambruk Hotel übernachteten, was sehr empfehlenswert ist. Das Hotel bietet Samstag abends traditionelle Tänze der Region Banten an.
Auf der Rückfahrt und anschließend im Hotel, dachten wir lange über das Leben dieser Menschen nach. Wäre für uns ein solches Leben überhaupt noch denkbar oder erstrebenswert? Wir konnten es uns jedoch nicht vorstellen für längere Zeit so zu
leben. Kein Buch, keine Zeitung, kein Fernseher
und kein Computer, wir sind für solch ein Leben einfach nicht mehr geschaffen und wir stellten uns die Frage, wie lange denn die Baduis wohl noch überleben werden. Als wir den kleinen Sohn unseres Gastgebers mit glänzenden Augen hinterm Steuerrad des Autos sitzen sahen, konnten wir uns kaum vorstellen, dass ihm künftig noch solch ein einfaches Leben erstrebenswert sei.
Die Fahrt zum Baduiland kann man eigentlich an einem Wochenende machen, schöner ist jedoch noch ein Tag am Meer. Die Fahrt kann man bei Pak Katamsi von Banten World (Tel. 521 1568 / Fax: 521 1389 oder email: katamsi@bantentravel.co.id) buchen.
Es war eine sehr ungewöhnliche, aber äußerst interessante Tour und man kann sich kaum vorstellen wie nahe es bei Jakarta liegt.