Mahakam

Mit dem Hausboot auf dem Mahakam/Kalimantan

Nach knapp zwei Stunden Flugzeit, landen wir in Balik­papan, der Provinzhauptstadt Ost­ka­li­man­tans. Mit zwei Kleinbussen erreichen wir am Sonntag­abend das nette, etwas verstaubte Hotel Benakutai.

Sieben BRÜCKE-Damen und zwei Gäste haben sich entschlossen, das Abenteuer Mahakam, vom 26. – 31. März 2000, in Angriff zu nehmen. Unser Deutsch sprechender Reiseführer Eman begleitet uns in ein chinesisches Lokal mit Plastiktellern. Die Klimaanlage funktioniert nicht, nachdem es in den Tagen zuvor einigen Stromausfall gab. Wir haben ja schließlich Abenteuerurlaub gebucht.

Nach dem Frühstück steigen wir wieder in unsere Kleinbusse und fahren in Richtung Loajanan, in der Nähe von Samarinda, um unser Hausboot in Be­schlag zu nehmen. Das braune Holzboot dort im Fluss soll unser Luxusliner sein? Mit gemischten Gefühlen und ohne große Erwartungen betreten wir den Kahn. Und dann die Überraschung, das Boot gehört uns alleine und es sind genügend Kabinen vorhanden, dass jede Teilnehmerin über eine ei­ge­ne Kabine verfügt. Parkett im Gang, ge­schnitzte Verzierungen an den Schiebetüren, Fenster zum Fluss und eine funktionierende Klima­anlage. Auch die Toiletten und Duschen machen einen ordentlichen Eindruck. Ein großer Spei­se­saal auf dem Oberdeck, mit Kaffeebar, lädt zum Essen und Verweilen an Deck ein. Kleine Terrassen vorne und hinten versprechen ein gemütliches Verweilen an Bord. Und eine Kühlbox fürs Bier gibt es auch!

Der Mahakam, mit 920 km der zweitlängste Fluss Borneos, ist in seinem Unterlauf besiedelt und weitgehendst abgeholzt. Träge fließt das braune Wasser des breiten Stromes dahin. Die nächsten Tage wird der Fluss unser treuer Begleiter sein.

Unsere Fahrt führt uns nach Tenggarong, einer sehr sauberen Stadt am Flusslauf des Mahakams. Auf dem Programm stehen der Besuch des Sultan Palasts und Besuch des Sultan Museums. Aber wie natürlich fast überall auf der Welt, ist beides am Montag geschlossen. Eigentlich hätte das dem Reiseveranstalter bei der Planung bekannt sein müssen. Bei ca. 35°C besichtigen wir dann wenigstens die etwa 400-jährige Moschee. Ein Denkmal, mit Steinreliefs erinnert an die Kolonialgeschichte Indonesiens.

Wieder an Bord, genießen wir die Fahrt durch die leichte Brise. In Senoni passieren wir schwim­mende Restaurants, die auf Kundschaft warten. Unsere Bordküche ist jedoch sehr gut, so dass wir auf die Restaurants verzichten können, zum Leidwesen der Besitzer.

Nach dem Abendessen ist Unterhaltung angesagt an Bord. Neben Eman ist noch Sisco, als lokaler Führer an Bord. Er hat sich ein paar Knobelfragen ausgedacht. Das bringt natürlich Ingrid, unser neues BRÜCKE-Mitglied auf den Plan. Im Wettstreit mit Eman und Sisco, fallen ihr immer wieder neue Witze und Spiele ein. Bis spät in die Nacht bringen sie ihr Publikum zum Lachen.

Am Morgen erreichen wir Muara Muntai, ein Flussdorf mit hölzernen Straßen. Das Dorf entbehrt nicht eines gewissen Wohlstandes und verfügt sogar über eine eigene Trinkwasserleitung, mit deutschen Wasseruhren, vermutlich ein ehemaliges GTZ-Projekt. Stolz führt uns der Goldschmied und Uhrmacher, ein altes deutsches Rasiermesser vor. Die eine oder andere ersteht noch ein fehlendes Kleidungsstück und der Vorrat an Filmen kann noch aufgestockt werden. Die Menschen sind sehr freundlich und freuen sich über die Abwechslung in ihrem Alltagsleben.

Mit Lunchpaketen bepackt, geht die Fahrt mit kleinen Booten weiter zum Jempang See. Fast drei Stunden Fahrt zum Langhaus Mancong und natürlich ein tropischer Regenschauer. Trotz Regenjacken, Regenschirmen und Dach überm Kopf kommen wir teilweise ganz durchnäßt am Langhaus an. Nach einer Stärkung aus der Lunchbox, führen uns die Benuaq-Dayaks eine Empfangs­zeremonie und Tänze vor. Marlies übt auch gleich den Umgang mit dem Blasrohr. Das Lang­haus wurde vor einigen Jahren restauriert und wird nicht mehr bewohnt.

Auf der Rückfahrt, über einen Neben­fluss des Mahakams, halten wir Ausschau nach den Süßwasser-Delphinen, die hier angeblich noch leben sollen. Delphine sehen wir keine, aber Proboscis-Affen turnen über unseren Köpfen in den Baum­wipfeln. Die Langnasenaffen, auch Monjet Belanda (Holländeraffen) genannt, findet man ausschließ­lich in Borneo. Blaue Eisvögel, Reiher und der vereinzelte Schrei eines Hornbills geben einem noch das Gefühl im Dschungel zu sein.

Zurück über den See, erreichen wir Tanjung Isuy, eine idyllische Siedlung am Jempang See. Eine Übernachtung im Langhaus steht auf dem Programm, das sich dann jedoch leider nur als Losmen im Langhaus-Stil entpuppt. Da es kein echtes Langhaus ist, wäre eine Rückkehr zum Boot wesentlich angenehmer gewesen. So verbringen wir den Abend im Losmen und ein junger Schweizer gesellt sich zu unserer Runde.

Am nächsten Morgen möchte noch ein Teil der Gruppe mit Jeep und Motorrad ein weiteres Langhaus besichtigen. Ursprünglich waren Rp. 60’000,– für den Jeep und Rp. 20’000,– je Ojek im Gespräch. Zu später Stunde teilt uns der Guide mit, dass die Motorräder jetzt Rp. 30’000,– kosten sollen. Man ist auch nicht bereit zu handeln, so verzichten wir leicht verärgert auf den zusätzlichen Trip, da es vielleicht eh zeitlich etwas knapp geworden wäre.

Nach dem Frühstück besichtigen wir noch zwei moslemische Dayak-Gräber im Ort und schauen einem jungen Mann beim Schnitzen von Blas­rohren zu, bevor wir wieder in unsere inzwischen getrockneten Wassertaxis steigen.

Wieder an Bord und nach einer ausgiebigen Dusche, halten wir am Nachmittag in einem Flussdorf und schauen bei der Herstellung von Gula merah zu. Über einen kurzen, matschigen Pfad durch den Busch erreichen wir die Zucker­palmen. Schwärme von Mosquitos überfallen uns schlagartig, so daß wir schnellstens den Rückzug antreten.

Am nächsten Morgen steht von Melak aus, eigentlich das Orchideenreservat in Kersik Luwey, mit seinen seltenen schwarzen Orchideen, auf dem Programm. Laut Sisco sei der Weg dorthin derzeit jedoch sehr schlecht und die Orchideen würden nicht blühen. Statt dessen schlägt er eine Fahrt mit dem Jeep zu den Langohr-Damen in Tering vor. Da wir eigentlich beides sehen wollten, dafür die Zeit jedoch nicht reicht, entschließen wir uns für den Trip zu den Langohr-Damen.

Der Jeep, der auf uns wartet, entpuppt sich als Suzuki-Pritschenwagen und wie die Hühner auf den Stangen sitzen wir auf der Ladefläche. Aber auch das kann unserer guten Laune keinen Abbruch tun, so trällern wir kurzerhand das Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“ in voller Lautstärke, zur Freude unserer Führer. Nach etwa zwei Stunden Fahrt auf der harten Sitzfläche, erreichen wir wieder den Mahakam. Mit Booten setzen wir ans andere Ufer über und erreichen nach kurzer Wanderung das Wohnhaus einer katholischen Dayak-Familie.

Die Großmutter wirft sich für uns extra in Schale und führt uns stolz ihre aristokratischen Ohren und tätowierten Hände vor. Mit 89 Jahren ist die Dame noch sehr rüstig, doch derzeit leider in Trauer, da ihr Sohn seit zwei Monaten im Dschungel vermisst wird. Nach dem Fototermin kaufen wir ihr noch einige selbstgefertigte Halsketten ab und wünschen ihr ein Wiedersehen mit ihrem Sohn. Leider treffen wir nur diese eine Dame. Die jungen Dayak-Mädchen verzichten schon lange auf diesen Brauch, so dass es nur noch wenige Frauen mit langgezogenen Ohren gibt. Die Dayak stammen vermutlich aus China oder Indochina und kamen vor ca. 2’500 Jahre v.C. nach Indonesien. Sie zählen zu den sogenannten protomalaischen Völkern, denen auch die Bataker und Torajas angehören. Sie sind relativ hellhäutig, mongoloide Züge, und der Körperbau ist eher stämmig.

Auf dem Rückweg zum Boot fahren wir noch einen Umweg und wandern zu zwei Riesenbäumen im Dschungel. Über einen glitschigen Trampelpfad erreichen wir die imposanten Bäume.

Zurück auf dem Hausboot, aalen wir uns auf dem Vordeck und genießen die ruhige Landschaft. Beim Sundowner ertönt plötzlich der Ruf der Mannschaft – Delphine voraus. Wir können es kaum glauben, dass wir noch das Glück haben, die Süßwasser-Delphine des Mahakams zu sehen. Über uns segeln die Fliegenden Hunde auf der Suche nach Nahrung in der Abenddämmerung. Ein grandioser Sonnen­untergang rundet unseren letzten Abend auf unse­rem liebgewonnenen Luxusliner ab.

Nach dem delikaten Abendessen, frische Riesen­flussgarnelen und Flusskrebse, unterhält uns unsere Crew noch mit indonesischen Volksliedern zu Gitarrenklängen. Allerdings tagen wir am letzten Abend nicht allzu lange, da um fünf Uhr Aufstehen angesagt ist. Aber ein letzer Blick zum tropischen Sternenhimmel darf nicht fehlen. Neben der Milchstraße, leuchtet das Kreuz des Südens am Firmament, und als seltene Sternkonstellation ist der Große Wagen (Ursus Major), allerdings auf dem Kopf stehend, tief im Norden zu sehen. Voller Eindrücke beenden wir unseren letzten Tag auf dem Fluß und fallen müde in unsere Kojen.

Nach dem Frühstück verlassen wir unsere acht­köpfige Mannschaft und treten mit unseren Minibussen, die Fahrt zum Airport an. Eman und Sisco verabschieden sich am Flughafen von Balikpapan, und wir erreichen Jakarta pünktlich mit der Garuda Maschine. Hier werden wir vom Mitarbeiter von PT. Kultur & Natur empfangen, und die Busse und Taxis bringen uns wohlbehalten nach Hause zurück.

Wie immer war die Reise von Herrn Kaka und Herrn Jumari, von ein paar kleinen Un­stimmig­keiten einmal abgesehen, sehr gut vorbereitet und organisiert. Auch die Damen vom Programm­gestaltungsteam der BRÜCKE, Maria, die leider nicht dabei sein konnte, und Ute haben tolle Arbeit geleistet, dafür ein herzliches Dankeschön.

Es war eine interessante, teils anstrengende, teils erholsame Reise, und wir waren eine nette Gruppe zusammen, die sich trotzdem erholt und köstlich amüsiert hat.

In diesem Sinne – weiter so!

Christa Stuber